Langsam aber sicher erscheinen für Autoren und kreative Schreiber sowohl für Windows als auch für den Mac immer mehr gute Softwarelösungen. Scrivener ist sicher eines dieser Softwarepakete für den Mac. Jeder Schreiberling kennt das Problem: Man hat den Schuhkarton voller Ideen, versucht den Überblick über all seine Roman-Charaktere, Locations und Artefakte zu behalten und möchte dann noch möglichst unkompliziert alles mit einem einzigen Schreibprogramm kombinieren. Literature & Latte hat hier ein feines Projektmanager-Tool mit tollem Editor im Vollbildmodus entwickelt.
Mit Scrivener ist es ziemlich einfach, Buchkonzepte zu entwickeln und zu strukturieren, Informationen zu sammeln und Gliederungen erstellen.Und genau hier liegt auch die Stärke der Software. Anders als herkömmliche Schreiblösungen, ist Scrivener nicht an dem statischen „Textflow“ orientiert, sondern orientiert sich am Inhalt (Content-Lösung) des Werks. Dies zeigt sich darin, dass ich die Kapitel einzeln anlegen, bearbeiten, verknüpfen, anzeigen und sortieren kann. Aber selbstverständlich besteht auch die Möglichkeit, den „Text am Stück“ zu lesen, um ein besseres Gefühl für den Roman zu bekommen.
Am genialsten finde ich die virtuelle Pinnwand im Kork-Style- sowie eine flexibel nutzbare Gliederungsansicht. Texte können mit knappen Zusammenfassungen kombiniert werden. Zudem können problemlos Recherche-Links, Bilder, Videos sowie PDFs direkt in der Programmoberfläche verwaltet werden. Sehr praktisch ist es auch, Textabschnitte – und Kapitel in Stapeln zusammenzufassen und als Einzeltext anzeigen zu lassen. Das erleichtert die Übersicht bei großen Romanprojekten. Nach getaner Arbeit können zwei Texte zu Vergleichszwecke auch neben- oder übereinander angezeigt werden.
Scrivener bietet viele Möglichkeiten, sein Werk zu betrachten. Eine besonders effektive Ansicht ist die Outline-Ansicht. In dieser bekomme ich die Synopsis meiner Kapitel – und die Dokument Meta-Daten (wer agiert zum Beispiel in dieser Szene?) angezeigt. Einfacher kann man kaum einen Überblick über seine Figuren, Orte und Handlungsstränge behalten. Selbstverständlich ist es auch in dieser Ansicht möglich, die Szenen bequem zu verschieben und direkt in die Weiter-Bearbeitung einzusteigen.
Ein weiteres Highlight habe ich per Zufall gefunden: Scrivener bietet sogar eine Drehbuch-Funktion. Es ist schon erstaunlich: Zwar ersetzt das Programm keine professionelle Screenwriting-Software – aber es bietet allerhand Basis-Werkzeuge, die für die Ideenfindung und Entwicklung einer ersten Drehbuchfassung durchaus ausreichen. So kann eine gute Vorarbeit beim Plotten und Outlinen geleistet werden … und der Rest wird mit einem Standardtool wie Final Draft ins Reine gebracht.
Ein besonderes i-Tüpfelchen ist die Schreibansicht. Nun gut: Ich liebe gutes Design … und hier bietet Scrivener wirklich gutes Design. Im Grunde kann ich mir meine Schreibumgebung einrichten, wie ich es gerade möchte. Schriftart, Blattbreite, Blattposition(!), Hintergrundfarbe, Hintergrundtransparenz (!) und zusätzlich Elemente des Dokuments können beliebig justiert werden. Hier ist Scrivener … naja … ich würde behaupten: einzigartig!
Scrivener ist für den Mac geschrieben … und es gibt das Programm auch leider nur für den Mac. Dafür tauchen im Handling verschiedene Bekannte aus dem Mac-Alltag auf: Ein Inspektor kümmert sich um die Verwaltung von Zusatzinformationen, das Look und Feel bettet sich bestens zwischen iPhoto & Co ein. Scrivener ist für einen ausgiebigen Test kostenlos herunterzuladen. Danach muss man rund 29 Euro auf den Tisch legen, was aber angesichts des Funktionsumfangs eigentlich geschenkt ist.
Fazit: Sehr gelungen. Schickes, funktionales Design. Leider nur auf Englisch, was den Umgang mit Rechtschreibprüfung und Thesaurus erschwert, da hier Lösungen nur über Umwege erreicht werden. Sehr erfreulich: Scrivener-Entwickler Keith Blount hat in Aussicht gestellt, dass 2011 die lang erwartete deutsche Version des Programms erscheinen wird.
Mehr Informationen unter www.literatureandlatte.com
Kosten: 29 EUR
Software für Mac
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